Wir besuchen das Künstlerdorf Tengenge. Bereits 1966 wurde eine ehemalige Tabak-Farm und Chrom Mine von ihrem Besitzer aufgegeben und in dieses Künstlerdorf umgestaltet. Damals kamen die erste Generation Künstler mit ihren Familien hier an. Heute, in der dritten Generation, leben in dem Dorf 550 Personen, das sind 110 Steinmetze mit ihren Familien. Die Künstler kommen von überall aus dem Land, aber auch aus Angola und Mozambique, viele auch ohne ihre Familien. Manche sind hier geboren, Kinder der ersten Generation. Die Gemeinschaft organisiert sich selbst. Das gemietete Land gehört heute einem Künstler, der in Harare lebt. Für Strom und Internet ist kein Geld zur Verfügung, es kommen einfach zu wenige Besucher nach Tengenenge. Zu den Kunden zählen auch einige Galeristen aus München, Neuseeland oder Australien. Auf einem sehr großen Freigelände sind in etwa 5000 Exponate ausgestellt und Chipo und Robert, die zum Manager-Stab der Gemeinschaft gehören, führen uns durch. Wir dürfen alles in Ruhe besichtigen und bekommen Vieles rund um das Gestein und die Arbeit erklärt, während wir den Steinmetzen bei der Arbeit über die Schulter schauen können. Jeder hat einen anderen Stil. Und, wir werden sogar fündig.
Die Abende sitzen wir mit Chipo, Robert und zwei Frauen am Lagerfeuer. Die beiden Frauen haben für uns alle gekocht, „Roadrunner“ (Hühnchen) mit Reis und Sadza. Es ergeben sich interessante Einblicke in das Leben der Menschen hier im Dorf und im Allgemeinen. Wir merken genau, wie zurückhaltend sie alle am Anfang sind, doch irgendwann bricht das Eis und sie öffnen sich. Auch sie klagen über die Situation im Land, dass es kein Einkommen gibt, alles furchtbar teuer ist und viel zu wenige Besucher ins Land kommen. Die Menschen haben Angst. Die Polizisten im Land sind korrupt, die Nationalparks schlecht ausgestattet und überteuert, weiße Farmer oder Geschäftsleute wurden zu Hauf teils mit Waffengewalt vertrieben. Auch die eigene Bevölkerung wird schikaniert und bespitzelt. Ein Problem von Tengenenge ist der schlechte Ruf des Landes außerhalb der Grenzen. Dennoch sind sich die vier darüber einig, dass sie noch Glück haben, denn Tengenenge ist vom Ministerium geschützt. Dieses Künstlerdorf ist ein touristisches Highlight und ein internationales Aushängeschild. Daher wurde ein neues Projekt ins Leben gerufen. Gemeinsam mit einer japanischen Hilfsorganisation soll eine neue Marketing Strategie entwickelt werden. Sie alle sind ganz zuversichtlich. Wir drücken die Daumen.
Chipo nimmt uns am nächsten Tag mit zu den abseits gelegenen Wohnhäusern als wir, um mit dem Telefon ins Internet zu können, eine ca. 45 minütige Wanderungen auf einen nahen Berg machen müssen. Sehr ruhig und gefasst erzählt Chipo, dass er Freunde hat, deren Hände oder Füße abgehakt wurden oder die gar erschossen wurden, weil sie nicht ins Regime passten. Er erzählt von grausamen Methoden, so zum Beispiel, dass ganze Familien in ihren Hütten eingeschlossen und anschließend darin verbrannt wurden. Um Wahlen zu gewinnen oder auch „nur“ als Abschreckung, um wieder andere bei der Stange zu halten, werden die Menschen in Angst versetzt. Er meint ganz pragmatisch, selbst wenn Mugabe weg ist und die neue Regierung alles richtig macht, woher die kommen soll ist allen ein Rätsel, wird es wohl bis zu 20 Jahre dauern, bis es wieder besser gehen könnte. Das, so sagt er, erleben wir nicht mehr. Er gibt ganz offen zu, dass er uns gegenüber zu Anfang skeptisch war und sich gefragt hat, ob wir weiße Spione seien. Doch das hätte sich dann schnell gelegt.
Wir wurden mit einer unglaublich herzlichen und offenen Art und sehr sympathisch hier aufgenommen und haben in diesen 3 Tagen neue Freunde gewonnen. Etwas betrübt tauschen wir Adressen und Telefonnummern aus und verlassen diese Menschen.
Unsere nächste Station ist Centenary, eine kleine Stadt in einem Farmgebiet. Auf der Suche nach einem Supermarkt landen wir in einer Bar und werden sofort von zwei jungen Männern, die dort sitzen, angesprochen. Erneut dieselben Geschichten: Ob wir wüssten, in welch misslicher Lage die Bevölkerung lebt, dass es keine Aussichten auf Besserung gibt. Sie sehen keine Chancen, weder für sich noch für ihre Kinder. Die Dürre des letzten Jahres wird sich erst in diesem Jahr voll auswirken. Und immer wieder die Frage an uns, was sie denn tun sollten. Wie sie es ändern könnten?
Centenary ist Tabakhochburg, hier gibt es nach den Aussagen der Menschen, noch eine Hand voll weißer Farmer, doch nur wenige Arbeitsplätze. Wir kommen an so einer Farm, der Ashford Farm, vorbei. Sie ist ein Paradebeispiel, wie es im Land ausschauen könnte. Wir fahren hin, doch leider treffen wir niemanden an. Wir hätten gerne ein paar Fragen gestellt und mehr erfahren. In den Schuppen stehen funktionierende Geräte und Traktoren, der Hof ist gefegt, die Hecken geschnitten. Und etwas abseits liegt ein sehr ansehnliches, gepflegtes Dorf für die Angestellten, mit Schule. Alles inmitten vieler Tabakfelder.
Auf unserer weiteren Strecke nach Mount Darwin kommen wir noch an ein paar Farmen vorbei, keine ist so gut erhalten und gepflegt, ganz im Gegenteil. Wir fragen uns, ob dieses Land nicht für alle ein Stück abgeworfen hätte?