Es gibt Unruhen und Tumulte in Simbabwe. Vor vier Tagen wurde bei Krawallen an der südlichen Grenze zu Südafrika, in Beitbridge, ein Lager des Zolls angezündet. Die Opposition hat zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Im ganzen Land finden Kundgebungen und Demonstrationen statt. In Harare wurden in einigen Vierteln Straßensperren errichtet. In der Hauptstadt streiken die Ärzte, Lehrer und andere Staatsbedienstete, da sie seit Wochen keinen Lohn erhalten haben. Die Regierung hat die Einfuhr von „nicht notwendigen Waren“ wie Kaffee-Milchpulver, Joghurt, Müsli, Salatdressings, in Flaschen gefülltes Wasser, Käse, Dosenfrüchte, Erdnussbutter usw. verboten. Das Land hat kein Geld, mehr diese Importe zu bezahlen. Die Regale in den Supermärkten werden wieder leerer. Die Menschen aber lassen sich die Willkür der Regierung nicht länger gefallen, wie es scheint. Sie lehnen sich auf. Die Tumulte sollen sich über das ganze Land ausbreiten. Die Rufe nach Jobs, Krankenversorgung, Löhnen, Schulbildung, Rufe gegen die Korruption und die Straßensperren der Polizei und vor allem die Rufe nach dem Rücktritt von Mugabe und seinem kompletten Ministerstab werden lauter.
Eines Abends auf der Suche nach einem Schlafplatz kommen wir in ein Goldminengebiet. Keine großen Minen, kleinere, von Menschenhand ausgegrabene Schächte und Gruben. Wir lernen Gobera, das bedeutet Samstag, kennen. Er arbeitet und wohnt hier oben ganz alleine. Er ist 37 Jahre alt und seine Familie, Frau und 3 Kinder, so erzählt er, wohnen in einem ländlichen Gebiet einige Kilometer von hier. Er sieht sie alle paar Monate. Er fragt, ob wir was zu lesen für ihn hätten, etwas über Tiere würde ihn interessieren. Nein leider, das haben wir nicht in Englischer Sprache, nur zwei Tageszeitungen können wir ihm geben. Doch auch darüber freut er sich.
Am nächsten Morgen besuchen wir ihn. Als wäre alles ganz normal zeigt er uns, wie er lebt. Seine Hütte ist ein Holzgestell mit einer übergeworfenen Plastikplane. Genauso eine Plane dient auch als Boden, die Türe ist ein Pappkarton, davor ein großer Ast mit Dornen, als Schutz gegen die Ziegen, die ihm sonst seine Vorräte auffressen. In einer Ecke hängen zwei Decken, in der anderen Ecke steht eine Schüssel, mit Tasse und Topf. Wasser holt er alle 3 Tage von irgendwo her. Wir sehen keine Matratze, kein Kissen, nichts wohnliches. Vor der „Hütte“ ein glimmerndes Feuer. Der Claim auf dem er arbeitet gehört ihm nicht. Seine Aufgabe ist es, das Abräumgestein zu durchsuchen. Er hackt es klein und sortiert es nach möglichem Goldstaub oder Vorkommen. Etwa 6 Tonnen braucht er, bis es sich lohnt, einen Traktor zu holen, der das Kleingehackte abholt und in die Mühle bringt, wo es ausgemahlen und endgültig sortiert wird. Von jedem Erlös muss er 50% an den Claimbesitzer abgeben, so hat er die letzten 3 Monate ca. 100 US$ verdient.
Mir imponiert seine Art zu erzählen, sein natürliches Auftreten und seine Selbstverständlichkeit. Er hadert nicht, er jammert nicht, er lacht. Das hier ist sein Job. Er hat einen Job! Auch wenn er extrem hart ist und er damit nicht reich werden kann.
Wir füllen seine Wassereimer voll, 20 Liter reichen ihm 3 Tage, und geben ihm Mehl, Eier und Salz und ein T-Shirt von Klaus. Er verkauft uns einen kleinen Stein mit Goldeinschlüssen für 2 US$. Er freut sich. Am Abend will er etwas Gutes für sich kochen, lacht er und winkt uns nach.
Das sind die Momente, die ganz tief rein gehen. Wenn er um etwas gebeten hätte, wir hätten es verstanden. Doch er wollte nur einen Stein verkaufen, fleißig, anständig und würdevoll. Wir haben ähnliche Situationen schon erlebt und immer wieder sind wir beeindruckt. Diese Menschen sind unglaublich.
Die Strecke nach Bulawayo, der zweitgrößten Stadt Simbabwes, ist unspektakulär. Auch in Bulawayo beschleicht uns wieder dieses Gefühl, ähnlich wie schon in Mutare. Irgendetwas stimmt nicht, irgendetwas fehlt. Es sind Menschen unterwegs, die überbreiten Straßen werden von Autos befahren, doch die afrikanische Stimmung fehlt. Dagegen lungern auch nicht so viele Straßenkinder und Bettler wie anderswo herum. Im Zentrum der Stadt sind noch einige der alten viktorianischen Häuser erhalten. Die Geschäfte in der Innenstadt sind voll. Doch die Industrie- und Warenläger in den Vororten sind leer, in den Autohäusern sehen wir nur wenige Ausstellungstücke.
Auf der Fahrt gen Westen in Richtung Grenze, durchfahren wir kleine Ortschaften mit den fruchtigen Namen Feigenbaum, Marula und Pflaumenbaum. Im Radio hören wir, dass die Regierung zwischenzeitlich gegen die Tumulte hart durchgegriffen hat. Es wurden Verhaftungen vorgenommen. Für eine kurze Zeit sind die Menschen wieder eingeschüchtert. Doch wir denken, dass es nicht mehr lange so weitergehen wird, die Menschen werden erneut aufstehen. Wir wünschen diesem wunderschönen Land so sehr eine Veränderung zum Positiven.