Diesmal ins „Out back“ Richtung Osten zu den Tswapong Hills, nach Moremi, einem kleinen Schutzgebiet. Wir wollen dort eine Wanderung durch eine Schlucht zu dem einzigen Brutgebiet der Kap Geier in Botswana unternehmen. Die Kap Geier stehen auf der Liste der bedrohten Tierarten und hier in der Abgeschiedenheit gibt es sie noch. Moremi, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Wildreservat im Okavango Delta, ist ein verschlafener kleiner Ort ohne jegliche Infrastruktur. Nicht mal Tomaten gibt es hier zu kaufen, und das will etwas heißen.
Auf einem schmalen Fußweg folgen wir dem kleinen Bachlauf entlang nach oben. Kleine Kletterpartien, die jedoch mit Hilfe angebrachter Stahlseile gut bewältigt werden können, inklusive. Wir passieren kleinere Pools und Wasserfälle und erinnern uns an die kurze Beschreibung am Nationalpark Office. In diesen Pools darf nicht gebadet werden. Es sind (immer noch) heilige Orte der hier lebenden Bevölkerung. In diesem Gewässer wohnen die Ahnen und deren Geister und deren Ruhe sollte man doch bitte respektieren. Selbstverständlich tun wir das.
Etwa in der Mitte der Schlucht endet der Weg an einer felsigen Plattform. Von hier hat man einen sehr guten Blick in die Steilwand, in der die Geier ihre Nester bauen. Es ist gerade keine Brutzeit. Doch wir können die Vögel an den Steilwänden der Schlucht kreisen sehen. Ein Blick durch das Fernglas verrät die Größe dieser beeindruckenden Raubvögel.
Die Umgebung der Tswapong Berge ist reines Rinderland und wenn morgens und abends die Herden mit ihren Kuhglocken an unserem Schlafplatz vorbeiziehen, erinnert uns das an heimische Erlebnisse. Völlig unbehelligt können wir frei übernachten. Die Menschen winken uns nur zu, rufen ihr „dumela“ (hallo) und ziehen ihrer Wege.
Immer wieder passieren wir in den Dörfern kleinere runde Versammlungsplätze, sogenannte Kgotla’s. Die Kgotla ist ein demokratisches Prinzip, das in der Gesellschaft sehr stark traditionell verankert ist. Jeder, auch Frauen, kann an diesem Platz, in diesem Kreis, seine Meinung, aber auch Kritik vor den Ältesten des Dorfes äußern. Sehr Konsens orientiert wird dann über das Vorgebrachte beraten und wenn nötig eine Entscheidung getroffen. Diese Versammlungsplätze gibt es heute noch in vielen Dörfern und auch das Parlament ist nach diesem Prinzip gestaltet. Mitsprache und Demokratie ist den Batswana wichtig und hat seinen Ursprung lange in der Zeit zurück in den Kgotla’s.
Diese Ecke Botswanas ist touristisch kaum erschlossen. Die touristischen Haupt-Attraktionen liegen nun mal im Norden des Landes, rund um das Okavango Delta. Und dazu kommt, dass es gerade Winter ist, was bedeutet, dass es nachts empfindlich kalt werden kann. Wir messen morgens gerade so um die 3 Grad, auch wenn es tagsüber dann sehr angenehm warm wird, bei etwa 27 Grad. Für uns ist es eine angenehme Reisezeit.
Immer weiter kommen wir in Richtung Süd-Osten des Landes. In dem kleinen staubigen Nest Sherwood Ranch, sind wir schon fast an der Grenze zu Südafrika. Doch wir biegen vorher ab in Richtung Osten, immer weiter in das Gebiet mit dem Namen „Tuli Block“. Im Grenzverlauf zu Südafrika, entlang dem Grenzfluss Limpopo, zieht sich über etwa 350 km ein 10-20 km breiter Landstreifen bis hinein nach Zimbabwe und Südafrika, vorbei an vielen kommerziellen Farmen, vielen privaten Wildreservate und dann in eines der „luxuriösten“ Schutzgebiete Botswanas, dem Mashatu Game Reserve. Selbstfahrer sind in diesem Teil des Landes nicht unbedingt willkommen. Es gibt kaum Infrastruktur, wild campen ist offiziell untersagt. Doch der „Tuli Block“ ist schon wegen seiner pittoresken Landschaft und seinem Wildreichtum ein lohnenswertes Ziel.
Durch aufwändige Bewässerungsmaßnahmen können hier riesige Farmgebiete unterhalten werden. Sind die meisten Farmen auf Rinderzucht spezialisiert, so gibt es doch einige, die zudem mit Landwirtschaft erfolgreich sind. Der Limpopo wird zur Bewässerung benutzt und stellenweise aufgestaut, um große Plantagen mit Zitrusfrüchten, Baumwolle, Tomaten und Kartoffeln zu unterhalten.
Wir besuchen so eine Ranch, die „African Ranch“. Insgesamt 6000ha Farmland, davon 500ha nur für den Anbau, der Rest des Landes ist Wild-Farm mit Campingangebot direkt am Limpopo. Die Ranch wird in zweiter Generation bewirtschaftet. Die Preise für Camping „schreien zum Himmel“! Für 2 Personen wollen sie 400 Pula, das sind 32 Euro, nicht verhandelbar, und man sitzt dann im nirgendwo, nicht mal ein Blick auf den Fluss ist gegeben! Wir nutzen die Gelegenheit und decken uns mit Obst und Gemüse ein. Frisch vom Feld werden die großen Orangen, Tomaten und Kartoffeln gebracht, in super Qualität. Kurzerhand treffen wir ein Arrangement mit dem Pförtner am Eingangstor zur „African Ranch“ und übernachten vor dem Gate, die Straße ist ohnehin wenig befahren.
Je weiter wir nach Osten fahren, umso einsamer wird die Gegend. Immer noch gibt es die riesigen Ranches, und Wild-Farmen, dazu kommen jetzt kleinere private Wild Schutzgebiete, mit exklusiven Lodges. Unnötig zu erwähnen, dass dorthin die Zufahrt nur mit vorheriger Buchung zulässig ist.
Wir haben Glück mit unseren Schlafplätzen. Auf der Farm von Nathaniel, einem schwarzen Rinderzüchter, dürfen wir zwei Nächte frei stehen. Sein Gebiet ist 20km x 1,5km groß und auf die Frage, wie viele Rinder er hier züchtet, sagt er nur „plenty“. Viele also, genau weiß er es nicht. Das Fleisch aus dem Tuli Block zählt zu der besten Qualität des Landes und wird unter dem ECO-Label hauptsächlich nach Europa exportiert.
Allmählich verändert sich die Landschaft, kleine Inselberge tauchen auf und es wird noch wildreicher. Nachts hören wir Hyänen und Schakale schreien und die vielen Dunghaufen der Elefanten sowie ihre „kleinen“ Fußspuren im Sand, sind auch nicht mehr zu übersehen. Wer in den „Tuli“ fährt, muss die Einsamkeit mögen, hier gibt es keine Versorgung mehr, wirklich nichts mehr, nur noch den weiten Blick über eine grandiose Landschaft.
Ob diese Abgeschiedenheit der Grund war, an einem Ort namens Baines Drift eine Gefängnisanlage zu erbauen? Wir wissen es nicht. Doch ein Ausbruch in dieser Wildnis scheint sicher nicht von Erfolg gekrönt zu sein.