Reisebericht Senegal
Teil I - Die Casamance
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Teil I > Boundou Fourdon - Sefati 12.01. - 28.01.2019 735 km
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Nach dem sehr entspannten Grenzübertritt führt die Strecke zunächst für einige Kilometer am Nationalpark Niokolo-Koba entlang, welcher der Größte in Westafrika sein soll und angeblich auch noch Löwen, Büffel und Elefanten beheimatet. Unsere Recherche, ob der Park für einen Besuch interessant sei, ergab lediglich, dass man viel Geduld bräuchte wirklich ein Tier zu sehen.
Perfekte Teerstraßen und auch die Laterit-Pisten breit und in perfektem Zustand, Amerika sei Dank, Senegal verwöhnt uns von Beginn an, zumindest hier auf unserem Weg in die Casamance Region. Die Casamance Region trägt den Namen wegen des gleichnamigen Flusses, der sich in einem großen Delta ins Meer verliert. Das Gebiet gilt trotz zunehmendem Tourismus als mit die ursprünglichste Region Senegals. Hier leben die Bassani. Das Volk ist eines der ältesten Stämme im Gebiet und lebt bis heute nach animistischen Bräuchen und Sitten. Insgesamt fällt uns sofort auf, dass mehr Esel und Fahrräder unterwegs sind und, dass es „vernünftige“ Autos hat, nicht mehr diese Klapperkisten und in Europa längst ausrangierten Rostlauben. Auch die Beladung der Busse und PKWs ist längst nicht mehr so spektakulär oder auch riskant wie in Guinea. Gleich auf den ersten Eindruck wirkt alles viel organisierter und insgesamt wohlhabender.
Es sind die Kleinigkeiten, die uns auffallen, wie z.B., dass viele Menschen hübsche Accessoires für z.B. ihr Telefon benutzen, dass die Schulkinder Rucksäcke für die Schulsachen tragen, anstatt lose Blattsammlungen mit einem Bindfaden verknotet in den Armen halten. Auch der Zustand der Fahrzeuge ist um Klassen besser. Fußballmannschaften tragen einheitliche Trikots, die Jungs besitzen i.d.R. Fußballschuhe und spielen nicht barfuß oder in Flipflops, und die Mannschaften spielen richtige Bälle anstatt zusammengeknüllter, verknoteter Plastiktüten in Tore, die ein Netz haben.
Die Szenerie um uns herum wirkt irgendwie neu und unwirklich. Auf beiden Seiten der perfekten Teerstraße stehen mit Stroh gedeckte Lehmhütten, manche mit SAT Schüsseln oder gar Solarpanelen auf dem Dach, dazwischen Ziehbrunnen, Esel grasen vor den Hütten. Es will nicht so recht zusammenpassen. Auch ist es für uns eine Umstellung, dass Geschäfte sonntags geschlossen sind, das erleben wir seit Namibia zum ersten Mal.
In einem kleinen Nest vor Ziguinchor erfahren wir eine neue Form der Gastfreundschaft. Auf der Suche nach einem Platz für eine Mittagspause halten wir in der Nähe eines Dorfes an einem kleinen Waldstück am Rande der Straße. Wir stehen kaum, kommen auch schon einige Jugendliche mit klarer Ansage: Wir dürfen hier nicht parken, wir sollen verschwinden. Klaus erklärt, dass wir nur eine Pause machen, etwas essen wollen und dann weiterfahren. Wir waschen in Ruhe unseren Salat, setzen uns vor das Auto und essen. Frauen kommen vorbei und fragen uns freundlich, wer wir sind, woher wir kommen. Die Jugendlichen halten sich in einigem Abstand im Hintergrund, beobachten uns aber sehr genau. Ich halte noch mein letztes Stück Brot in der Hand, als die Gruppe erneut auf uns zukommt, die leere Salatschüssel sehen und daraufhin sagen: „Gegessen habt ihr ja jetzt, dann könnt ihr ja endlich verschwinden. Also haut ab.“ Versuche, die Sachlage und warum sie so reagieren zu verstehen, scheitern. Mit eindeutigen Gesten geben sie uns zu verstehen, dass wir verschwinden sollen. „Warum esst ihr ausgerechnet hier und nicht woanders? Verschwindet!“ Sie sind nicht richtig aggressiv, aber sehr bestimmt. Die Situation ist ungut. So etwas haben wir in Afrika noch nicht erlebt. Wir wollen nicht streiten, packen und fahren weiter. Eine ähnliche Situation hatten wir in ganz Senegal kein zweites Mal.
Die weitere Strecke führt direkt am Casamance Fluss entlang, der sich hin und wieder durch die Palmen blicken lässt. Mangroven- und Palmenbewuchs wechselt sich ab, dazwischen viel Obst- und Gemüseanbau.
Ziguinchor, die Provinzhauptstadt mit großem Hafen, ist eine angenehme Stadt. Hier bekommen wir alles, was wir für einen längeren Aufenthalt in der Casamance benötigen.
Leider dauert in der Stadt erneut alles länger als gedacht, so visieren wir für den Abend „Aljowe“ an, ein von einem Schweizer geführtes hübsches Gasthaus in Ossouye. Die perfekte Teerstraße führt uns durch das Delta und das weite Schwemmland des großen Flusses. Für unsere europäischen Zugvögel ein wahres Paradies. Wir bleiben nur eine Nacht, schließlich wollen wir doch die Region erkunden, und machen uns auf den Weg nach Point St. George, ein kleines sehr ursprüngliches Dorf am äußersten Ende des Festlandes, und nur durch eine tiefe Sandpiste zu erreichen. Leider finden wir dort keine Möglichkeit mit schöner Sicht auf den Fluss zu stehen, zu dicht sind die Mangroven, zu groß der Militärstützpunkt. Und da wir ein paar Tage bleiben wollen, wollen wir auch nicht zwischen den Hütten der hier lebenden Bevölkerung unser „Lager aufstellen“.
So fahren wir die tiefsandige Piste wieder zurück und weiter nach Elinkine, einem kleinen Fischerdorf mit einem hübschen Campement. Hier können wir unter Palmen direkt am Wasser stehen. Das Camp wird von Einheimischen betrieben und soll verschiedenen Personen die Möglichkeit verschaffen, mit Tourismus etwas Geld zu verdienen. Wieviel letztlich wirklich dort ankommt?
Wir sind sehr zufrieden mit unserer Wahl. Lassen unsere Wäsche waschen und schlendern mit Tipi, dem Koch, durchs Dorf auf der Suche nach gutem Fisch. Kähneweise wird Rochen angeliefert und es werden lautstarke Verhandlungen um den Fang geführt, während im Hintergrund die Frauen mit Messern bewaffnet auf das Kommando warten, die teilweise riesigen Fische zu zerlegen.
Beim lokalen Fischhändler suchen wir uns ein paar schöne Seeteufel aus und lassen diese auch gleich pfannenfertig vorbereiten. Da wir in Deutschland nicht so häufig mit derartigen Tätigkeiten konfrontiert werden, sind wir ganz neugierig dabei, als die Fische gehäutet und ausgenommen werden. Wir lernen regelmäßig dazu.
Elinkine ist ein angenehmer Platz und auch ein nettes Dorf, hier könnte man lange bleiben. Morgens, noch im Bett, lauschen wir dem Singen und Palavern der Männer, die auf vollgeladenen Booten zurück in den Hafen kommen. Nachts hören wir bei günstigem Wind das Trommeln auf den vorgelagerten Inseln. Wir spazieren öfter durch den Ort, schauen uns um, und kommen dabei auch an den vielen Trockengestellen für Fische vorbei. Auf langen Gestellen werden gesalzene Haie und Rochen getrocknet, anschließend in Säcke verpackt und so auf LKW’s geladen. Einmal pro Quartal geht eine Fracht von 32 (!) Tonnen, nämlich 650 Stück der 50kg schweren Säcke auf die 11 tägige Fahrt nach Ghana.
Doch wir wollen noch mehr sehen, fahren weiter nach Cap Skirring an den Atlantik, wo wir außerhalb des Ortes am Maya Beach einen Platz direkt am Meer finden. Schon am nächsten Morgen sind Victor und Lamin am Platz, um ihn sauber zu halten. Angeblich ist es Victors Platz und so kommen wir ins Gespräch. Sehr bald entwickelt sich eine ungute Diskussion um „Stellplatzgebühren“ was wir verweigern. Wofür sollen wir denn hier bezahlen? Verärgert ziehen die beiden ab und die nächsten paar Tage sind wir alleine. Wir machen lange Strandspaziergänge und erledigen längst fällige Wartungsarbeiten, wie das Reinigen unserer Jalousien und Moskitonetze. So gibt es immer etwas zu tun. Nach fünf Nächten verabschieden wir uns von unserem Strand.
Cap Skirring, der größte Ort an der Küste der Casamance, kommt uns vor wie ein Urlaubsort in Südeuropa, Kneipen, Straßencafés, gute Hotels, Restaurants und viele weiße Gesichter, hauptsächlich französische Gäste. Viele besitzen Häuser oder Wohnungen und kommen mehrmals im Jahr. Die große Anschlagtafel der Immobilienmakler hat noch Einiges zu bieten, die Preise sind entsprechend.
Auf dem kleinen Markt versorgen wir uns mit dem Nötigsten, tanken bei der Gendarmerie unseren Wassertank voll und machen uns weiter auf den Weg an die Südspitze Senegals, direkt an die Grenze zu Guinea-Bissau, nach Kabrousse.
Dieser Ort ist ganz anders, nicht so sehr touristisch, hier stehen schicke, teilweise sehr neue, moderne Villen mit grünem Rasen direkt am Strand. Ein freier Meerzugang ist praktisch nicht mehr möglich. Fast die gesamte Küste ist in französischer und/oder belgischer Hand, verbaut mit Zweitwohnungen und Ferienhäusern der reichen Gesellschaft.
Doch wir finden tatsächlich eine kleine Straße zum Strand und fahren bei Ebbe dort entlang bis wir einen hübschen Standplatz gefunden haben, an dem wir nochmals vier Tage verbringen.
Zurück in Cap Skirring decken wir uns erneut auf dem guten Markt mit frischer Ware ein. Der Fischhändler begrüßt uns schon mit Handschlag, und während wir das Gemüse besorgen bereitet er uns den frischen Seeteufel und die Seezunge vor. Nachdem wir uns noch eine sehr gute Holzofenpizza gegönnt haben, brechen wir auf, zurück nach Ziguinchor und dann in Richtung Norden. Es waren sehr entspannte Wochen in der Casamance und bereits am Mittag verlassen wir Senegal fürs erste nach Gambia.
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