Uns treibt es ans „Ende der Welt“. Als wir einem Einheimischen sagen, wir wollen hinüber nach Bundibugyo, frägt er uns erstaunt: „Was wollt Ihr denn da?“ Wir wollen die schneebedeckten Gipfel des Ruwenzori Gebirges sehen. In der Regenzeit hat man gute Chancen, ansonsten verstecken sie sich im Nebel. Genau aus diesem Grund wurde dieses sagenumwobene Gebirge auch lange Zeit von den Forschern übersehen.
Die Straße ist die Beste, die wir in Uganda bisher gefahren sind. Neu, sehr gut ausgebaut, führt die kurvenreiche Straße von Fort Portal hinunter in die weite Semliki Savanne. Wahrscheinlich wurde sie aus strategischen Gründen errichtet, oder warum sonst baut man eine neue Straße an die Grenze zur DR Kongo? Wir biegen etwa auf halber Strecke von der neuen Straße auf die alte „Straße“ ab. Sie gleicht mehr einem Wanderweg und ist stellenweise schon fast zugewachsen. Speziell unsere Höhe ist immer wieder ein Problem und so müssen wir auch wieder mal einen Baum aus dem Weg schleppen, der in die Fahrbahn gefallen ist. Nach einigen Kilometern haben wir einen fantastischen Blick in das Kongo Becken, durch das sich der Semliki River zieht. Es ist neben dem Grabenbruch die andere grandiose Landschaft, der beiden die hier aufeinandertreffen.
Und ehe wir uns versehen, stehen wir an der, von Militär, bewachten Grenze zur Demokratischen Republik Kongo in Lumia. „Ob wir mit diesem Fahrzeug da rüber wollen?“ Ungläubig schaut uns der Polizist an. Drüben sei es nicht sehr sicher. Meint er bestimmt. Er scheint sehr beruhigt, als wir ihm sagen, dass wir das nicht vorhaben.
In dieser Region wird in Mengen Kakao angebaut. Nach der Besichtigung einer Firma, in der Kakao fermentiert, getrocknet und für den Export verpackt wird, fahren wir langsam wieder zurück nach Fort Portal. Hin und wieder sehen wir Pygmäen auf der Straße. Die ca. 1,40m großen Nomaden der Wälder wurden zwangsumgesiedelt als man die Nationalparks gegründet hat und anschließend, wie die Landschaft auch, unter Naturschutz gestellt. Ist das nicht grotesk?
Wir verlassen das angenehme Städtchen Fort Portal in Richtung Kasenda Kraterseen. Es kommt uns vor, als würden wir durch einen Park fahren. Riesige gepflegte Anbauflächen, kleine Dörfer, Häuser mit schönen Vorgärten und Bananen, Bananen und … Bananen. Im Reiseführer werden die Seen als verschiedenfarbig beschrieben. Wir können das nicht bestätigen. Die Natur allerdings ist fantastisch. Ab Rwima sind wir dann endlich mal wieder auf einer Teerstraße, jedoch nur bis wir nach Hima in eine Stichstraße in Richtung Ruwenzori Nationalpark abbiegen. Diese grobsteinige enge Bergstraße bringt uns auf knapp 1800 Meter kurz vor das Eingangstor zum Park. Die 5000er Gipfel sieht man leider nicht von hier, aber einen Eindruck von diesem imposanten, sagenumwobenen Gebirgsmassiv erhält man schon. Das Wetter spielt mit, es scheint die Sonne, wir hatten on ein paar Tage keinen Regen mehr.
Am nächsten Morgen kommen mir beim Vorbereiten des Frühstücks die Schubladen entgegen. Wir stehen schief. Wir haben uns doch glatt auf der steinigen Auffahrt einen platten Reifen geholt. Also ist nach dem Frühstück Reifenreparatur angesagt, und das klappt ohne, dass wir den Reifen abnehmen müssen.
Zufrieden tauschen wir die Flip-Flops mit den Wanderschuhen und können endlich zu unserer Wanderung aufbrechen. Drei Stunden steigen wir an den Hängen des Berges durch Bananen- und Kaffeeanbau und kleine Weiler. Die Menschen leben vom Anbau. Unglaublich, welche schweren Lasten vor allem die Frauen auf ihren Rücken tragen, nur indem sie die Last mit einem Gurt um die Stirn befestigen. Als Gegengewicht drücken sie die Köpfe mit den Händen nach vorne. Der Vorteil dieser Trageweise ist, dass sie im steilen Gelände die Hände frei haben und sich gut bewegen können.
Die ländliche Bevölkerung ist arm, viele laufen barfuß. Die Kleidung der Kinder wird oft nur mit Fäden zusammengehalten, und vor allem es gibt viel zu viele Kinder. Geburtenkontrolle, Familienplanung? Fehlanzeige. In jedem noch so kleinen Nest sehen wir Kirchen aller möglichen Richtungen, aber dies ist kein Thema für die Kirchen, ist nicht ihr Auftrag. Hauptsache jeder hat von Jesus gehört.
Wir überqueren heute zum 5ten mal den Äquator und zirkeln an den Ausläufern des Ruwenzori Gebirges in Richtung DR Kongo an den Edward See zum Queen Elizabeth National Park (QENP). Zunächst fahren wir Richtung Katojo, um dann auf einer kleinen Piste nach Katwe zu fahren. Das alte Salzwerk der Deutschen ist verrostet und funktioniert nicht mehr, und "komisch, sie kommen auch nicht es reparieren", meint ein selbsternannter Reiseführer. Sowas aber auch! Jetzt bauen die Anwohner selbst das Salz ab und verkaufen es im Land. An dieser Strecke in Richtung Katunguru, ausserhalb des Parks, sehen wir immer wieder Antilopen und jede Menge Elefanten. Der Park ist nicht umzäunt, die Tiere können sich frei bewegen.
Eigentlich wollen wir von Katunguru aus eine Bootsfahrt auf dem „Kasinga Kanal“ machen. Dieser verbindet den Edward See und den Georg See. Aber wir lassen uns von Innocent, dem Organisator zu einem Gamedrive am nächsten Morgen überreden.
Doch diesen Abend werden wir so schnell nicht vergessen. Wir stehen auf einem kleinen Campingplatz direkt oberhalb des Kanals. Als wir gerade mit dem Essen fertig sind, prasselt es an die geschlossenen Moskitonetze und Seitenwände, als wenn es zu regnen anfangen würde. Bald ist das Auto innen voller kleiner Fliegen. Sie schlüpfen durch die Netze und finden auch sonst jede Lücke an unseren "supertollen" Jalousien. Wieder einmal stellen wir bedauerlicherweise fest, dass wir hier nicht die beste Ausstattung haben. Es sind sog. Lake Fly’s – Seefliegen, schauen aus wie Moskitos, stechen aber nicht. Ab einer gewissen Anzahl sind sie nur sehr unangenehm. Wir machen die Fenster zu, saugen immer wieder alles ab, versuchen sie zu erschlagen. Überall liegen tote Fliegen. Doch es werden irgendwie nicht weniger. So ein Mist. Irgendwann geben wir auf. Unsere „Schlafkoje“ ist verschont geblieben, hier ist das Moskitonetz dicht genug, die „Viecher“draußen zu halten.
Am nächsten Morgen um 06:00 Uhr werden wir zu unserem „Gamedrive“ abgeholt. Die dreistündige Spazierfahrt war sehr enttäuschend. Wir haben nur ein paar Antilopen und ein paar Flusspferde gesehen, nicht mehr. Und, der zugesagte Bootstrip fällt wegen angeblichen Motorschadens ins Wasser.
Zurück am LKW, putzen und reinigen wir erstmal unsere Moskitonetze und unsere Wände von den Kampfspuren der Nacht. Wir saugen nochmal alles gründlich durch. Jetzt suchen wir uns erstmal eine neue Bleibe.