Reisebericht Kamerun - Weltenbummler Shumba - Weltreise mit dem Allrad Reisemobil

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Reisebericht Kamerun


Von Süd nach Nord




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Teil I >  D'Abang Minko'o - Logone Fluss/Yagoua      22.10. - 19.11.2017      2.139 km

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Die Fahrt durch den dichten Regenwald setzt sich auch in Kamerun fort.
 
Und doch gibt es einen gravierenden Unterschied zu Gabun und anderen Ländern. Es sind die vielen Polizeichecks. Quer über die Straße liegen Nagelbretter und die Polizisten „betteln“ uns um „Irgendetwas“ an, sind dabei aber stets freundlich, oftmals begleitet mit den Worten, „die kommen aus Deutschland, sei nett zu ihnen, das sind unsere Freunde“. Auch fällt sofort auf, dass die Menschen in den kleinen Ansiedlungen entlang der Straße uns wieder zuwinken und freundlich lachen. Die Nacht über und auch am folgenden Tag regnet es. Der Platz, auf dem wir stehen ist völlig durchweicht. Da sind wir doch froh um unseren Durchstieg ins Fahrerhaus und fahren trockenen Fußes auf guter Teerstraße weiter Ebolowa nach Yaoundé.

Die Hauptstadt, begrüßt uns mit großen und bunten Geschäften, großen Bäckereien und in den Supermärkten finden wir original-französische Produkte zu horrenden Preisen. Überhaupt wundern wir uns über die Preise, vielfach sind diese auf europäischem Level.

Die erste Nacht übernachten wir an einer Polizeistation neben der Botschaft des Tschad, wo wir unser Visum beantragen. Später wechseln wir auf den Mount Fébé zu einem Benediktinerkloster, wo wir die Zeit bis zur Ausstellung unserer Visa abwarten. Yaoundé ist die Stadt der 7 Hügel. Jedes Viertel ist anders und auf seine Art geschäftig, wie immer und alles in Afrika. Es ist Chaos mit Ruhe und Gelassenheit, keiner regt sich auf, alles läuft wie von selbst.

Nachdem wir unser Tschad Visum in der Tasche haben, verlassen wir den Großraum Yaoundé in Richtung Nordosten, vorbei an großen Ananasplantagen. Gleich hinter der Stadt beginnt der dichte Regenwald. Es ist erstaunlich wie viele Menschen uns auf Deutsch ansprechen. Immer noch ist Deutsch Wahlfach an den besseren Schulen. Yaoundé war einmal ein deutscher Stützpunkt, wer weiß denn heute noch von der deutschen Geschichte in Westafrika? Und, so treffen wir immer wieder auf entsprechende Hinterlassenschaften, in der Regel verfallene Häuser und sonstige Bauwerke.

Die Frauen in Kamerun tragen keine Wickeltücher, sie tragen bunte Kleider in unterschiedlichen Stilrichtungen und Schnitten. Stets figurbetont, elegant oder weit und bequem, schön ist was gefällt, Hauptsache bunt und farbenfroh. Auch die Männer tragen teilweise ganz bunte Anzüge oder Hemden.

Kurz vor Ayos, einem ehemaligen deutschen Fort, finden wir bei einer Familie „Unterschlupf“ für die Nacht. Mehr als 100 Mitglieder bilden einen Familienverbund. Merlin, der älteste Sohn, führt uns herum, zeigt uns alles. Jede Familie bewohnt ein Haus. Dazwischen bauen sie Kakao und Maniok an. Wie viele Geschwister er tatsächlich hat, weiß Merlin nicht, sein Vater hatte vier Frauen…. Sehr nett und gänzlich unaufdringlich lassen sie uns in ihrem Hof stehen. Nur einer meinte mit einem Schmunzeln, die Deutschen hätten Kamerun doch schon einmal kolonialisiert…

Am Abend setzt heftiges Gewitter ein und es regnet stundenlang. Es kühlt angenehm ab, es hat aber auch zur Folge, dass die Flüsse, die wir queren, voll sind, die Senken ebenfalls und alles ist saftig grün. Ohnehin ist das Klima angenehm, es ist nicht allzu heiß trotz der ca. 80%igen Luftfeuchtigkeit.

Die Bevölkerung lebt in einfachen Lehmziegelhäusern oder Holzplankenhäusern, doch dazwischen stehen auch immer wieder ganz ansehnliche Steinhäuser. Vor den Häusern liegen Schaumstoffmatratzen um zu lüften oder zu trocknen. Sonne hilft ja bekanntlich auch gegen Ungeziefer.

Auch auf dieser Strecke in Richtung Osten, an die Grenze der Zentralafrikanischen Republik, kommen uns mit riesigen Baumstämmen beladene Schwerlasttransporter entgegen. In Kamerun mussten weite Flächen für die steigende Bevölkerung weichen.

Je weiter wir in dieser Richtung vorankommen, umso ärmer scheint alles und umso köstlicher und undefinierbarer werden die angebotenen Speisen z.B. gegrillte Raupen oder aalähnliche frittierte Fische…. Da ist es doch von großem Vorteil, dass unser Gefrierschrank voll ist und wir gestern in Yaoundé noch zwei schöne Rinderfilets gekauft haben, von den leckeren, selbstgemachten Semmelknödeln ganz zu schweigen. So sehr wir Afrika lieben, wir werden nie alles annehmen können und wollen.

Die Passage in Richtung Bertoua hat es in sich. Nirgendwo bisher haben wir so viele verunfallte LKWs gesehen. Je weiter wir nordöstlich kommen, umso islamischer werden die Dörfer, die Männer tragen lange Gewänder dazu bestickte Kappen und die Frauen sind in große weite Tücher gewickelt.

Einen Schlafplatz zu finden ist richtig schwierig, alles um uns herum ist dicht bewachsen, nirgendwo finden wir eine Abfahrt. Kurvig führt die Straße durch die Hügelketten der lichter werdenden nördlichen Ausläufer des Regenwaldes. Ab hier bilden kleine rechteckige Lehm oder Holzhäuser die Dörfer. Wir haben die Feuchtsavanne erreicht, hohe Bäume, dichtes Buschwerk, alles saftig grün, dazwischen Mais und Maniok Felder. Auf einer sehr guten Teerstraße kommen wir zügig voran. In einigen Dörfern ist Markt. Viel gibt es nicht. Im Angebot finden wir Gemüse, Maniokwurzeln, Okra, Zwiebeln, getrocknete Raupen, Sonnenblumenöl und Maggi Würfel, sowie Plastikschüsseln. Wir sind die Attraktion, sofort sind wir umringt von Kindern.

Unsere Route führt uns in das Grenzgebiet zur Zentralafrikanische Republik und somit auch in den Grenzort Garoua Boulai und danach ein Stück nahe an der Grenze entlang. Wir befolgen den Rat des örtlichen Militärs und halten uns dort nicht auf, wir fahren an einem Tag durch. Immer wieder kommt es in diesem Gebiet zu grenzüberschreitenden Vorkommnissen durch Rebellen aus dem Nachbarland. An die vielen Holztransporte, die uns auch hier immer wieder entgegenkommen, haben wir uns schon gewöhnt. Nicht alle sind aus Kamerun, einige transportieren das Holz auch aus der Zentralafrikanische Republik. Im Vorbeifahren sehen wir große Flüchtlingslager in der Grenzstadt. Die Stadt selbst wirkt chaotisch, doch die Menschen lachen und winken uns zu. Etwas ausserhalb tauchen Rundhütten aus Stroh in den Dörfern auf, wir haben das Gebiet der Peulh erreicht. Vieles hier wirkt arm und vernachlässigt. In dem kleinen Ort Babongo biegen wir von der Teerstraße ab, um auf einer breiten Erdpiste ein wenig mehr ins Landesinnere zu kommen.

Auf den Märkten in den Ortschaften liegen große Rinderteile auf den Grills. In der Markthalle von Meiganga wird „leckeres“, voll mit Fliegen besetztes, Bushmeat angeboten. Nur noch an den Händchen erkennen wir, dass es wohl ein kleiner Affe war, der hier sein Ende gefunden hat.

In Kamerun ist Religion Privatsache und alle leben friedlich zusammen. Die Kirche steht neben der Moschee, dazwischen spazieren Animisten umher, dieser Anblick ist keine Seltenheit. Jedem das Seine. Wir durchfahren viele Polizeikontrollen, manche sind sehr nett und winken uns durch sobald sie erkennen, dass wir Touristen sind, wieder andere sind lästig und kontrollieren etwas genauer.

Klaus fühlt sich nicht sehr wohl, deswegen bleiben wir auf einer kleinen Lichtung zwei Nächte. Lediglich ein paar Bauern kommen vorbei. Am zweiten Tag, es ist bereits dunkel, kommen Menschen zum LKW und sind sehr daran interessiert, wer wir sind und was wir hier tun. Dass wir Touristen sind und hier nur übernachten wollen, kommt in dem hiesigen Denken nicht vor. Zum Übernachten geht man schließlich in ein Dorf bzw. in ein Hotel. Wieder zwei Stunden später, so etwa um 21.00 Uhr kommt Militär. Etwas wortkarg „not secure, pack“ fordern sie uns auf zu packen und ins nächste Dorf mitzukommen. Wir kennen das schon, Widerrede ist zwecklos.

Dort angekommen, finden wir uns wenig später sitzend in einem Stuhlkreis wieder, der Dorfchef bemüht einen Übersetzer und natürlich hat es viele Zuschauer. Das Fahrzeug wird rundum und sogar auch innen durchsucht und kontrolliert. Die Menschen haben Angst vor Boko Haram, und für uns will man keine Verantwortung übernehmen. Also werden wir weiter in ein nächstes Dorf an einen Militärposten begleitet, um dort auf dem Dorfplatz, unter bewaffneter Aufsicht, die Nacht zu verbringen.

Am nächsten Morgen finden wir erneut ein Stuhlkreis vor, besetzt mit dem Chef de Village und Militärleuten. Es werden einige Telefonate mit dem Militärchef in der nächstgelegenen Stadt geführt, dann dürfen wir weiterfahren. Natürlich kommt noch die Frage, was wir denn geben könnten, damit sie sich an uns erinnern. Etwas Geld vielleicht?

Wir brechen auf, fahren vorbei an vielen Gehöften der hier lebenden Fulbe, mit den für die Gegend typischen überhängenden Strohdächer. Die Fulbe sind Rinderzüchter und bauen Cassava und Mais zur Selbstversorgung an. Das Wasser hierfür kommt aus tiefen Brunnen, vor den Häusern haben sie tiefe Mahlsteine, auf denen die Frauen das Maniok, das Tage vorher bereits auf großen Tüchern zum Trocknen ausgelegt wurde, zu Pulver/Mehl verarbeiten.

Durch die schöne, leicht hügelige Landschaft erreichen wir Belel. Hier werden wir erneut angehalten und zum Brigadeoffizier gebracht. Eine geschlagene halbe Stunde starrt dieser in unsere Pässe und stellt Fragen. Man kann in dieser Ecke mit Touristen nichts anfangen, das ist ungewöhnlich. Immer wieder werden wir nach dem Grund unseres Hierseins, der Reise gefragt. Wir sind schon leicht genervt als es kein Ende zu nehmen scheint…

Ab hier wird die Piste schlechter, sie ist vom letzten Regen ausgewaschen und voller Schlaglöcher und dennoch ist es eine reizvolle, schöne Strecke. Realisieren die Menschen am Straßenrand, insbesondere die Kinder, daß wir „Blancs“ (Weiße) sind, schauen sie uns mit großen Augen an, und wenn wir winken, dann beginnen sie herzlich zu lachen und winken sofort zurück.
      
Auf der dunkelroten Erdstraße haben wir mittlerweile die 1600 Meter erreicht und auch das kleine Dorf Idool. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Idool ist bekannt für seinen Fürstenhof, sein Lamidat, und das wollen wir besichtigen.

Eine breite Allee, gesäumt mit hohen Eukalyptusbäumen, alte mit Moos bewachsene Lehmmauern, die kleine Gehöfte abschirmen, wenige kleine Geschäfte entlang der Hauptstraße, einige Männer in langen wallenden Gewändern, die uns freudig zuwinken, Idylle pur empfängt uns. Und, ehe wir uns versehen sind wir aus dem kleinen Ort auch schon wieder draußen. Wir drehen um, fragen, dort hinter der Moschee, richtig, dort sehen wir einige farbig dekorierte Säulen unter einem großen Strohdach. Das ist das Lamidat. Wir parken, sind kaum ausgestiegen und schon kommt ein groß gewachsener, gutaussehender junger Mann in einem weißen Gewand freudestrahlend auf uns zu. „Willkommen – ich bin der Chef de Village- Welcome in Idool. Kommen sie, kommen sie! Wollen Sie zuerst den Palast sehen oder erst das Dorf?“ Wir sind überrascht von so viel Freundlichkeit und diesem Empfang.

Unter einem sehr niedrigen Strohdach schlüpfen wir in eine kleine dunkle Eingangshalle und von dort weiter in den „Fürstenhof“, der sich in einen großen Garten mit mehreren Häusern öffnet. Die Häuser haben hohe Strohdächer und sind mit bunten Säulen schön dekoriert. Hier leben die Mutter und die Schwestern des Fürsten. Er selbst wohnt mit Frau und Kindern in seinem Privathaus neben dem Lamidat. Er erklärt uns, dass die Männer im Alter von 18 Jahren von der Mutter wegziehen. Das Lamidat ist sozusagen sein Büro. Anschließend geht er mit uns durch das Dorf, begrüßt viele Menschen, stellt uns als seine Gäste vor, ein Schwätzchen hier ein Schwätzchen dort, alles völlig entspannt, ruhig und sehr freundlich. Eine Insel des Friedens und der Glückseligkeit. Am Rande des Dorfes ein kleiner See mit Karpfen, von hier bezieht das Dorf auch sein Wasser. Wir dürfen in einer Sackgasse mitten im Ort Quartier beziehen bevor er uns zum Tee in sein Haus einlädt. Der Chef des örtlichen Militärs schaut kurz vorbei, will uns kennenlernen, das scheint in Kamerun so üblich zu sein.

Der Chief ist ein interessanter Mensch mit gesunden Ansichten. Wir sprechen über die Probleme im Land, die Korruption, die ein System geschaffen hat, das sich selbst die Macht sichert, indem sich viele Organisationen, sowie Militär und Verwaltung im Land bedienen. Es ist wie in (fast) allen Ländern Afrikas, eine korrupte Elite, die vom Präsidenten bedient wird, teure Schulbildung, desolates Gesundheitswesen usw. Leider kommen wir bei solch komplexen Themen mit unseren Französischkenntnissen an unsere Grenzen, schade. Doch irgendwie funktioniert es doch. Das komplette Dorf kennt die „Blancs“ mittlerweile und so werden wir an allen Ecken herzlich verabschiedet, als wir am nächsten Tag aufbrechen, um weiter nach Norden zu fahren.

Ngaoundere, die Hauptstadt des Adamaoua Plateaus, ist eine große, lebhafte Stadt mit vielen duftenden Grillstationen. Im Norden Kameruns ist es üblich, dass die Männer auswärts essen, es ist günstig und bietet immer viel Unterhaltung. Glücklicherweise finden wir einen Übernachtungsplatz relativ zentral bei der Katholischen Mission und können von dort aus die Stadt erkunden. Das hiesige Lamidat ist eines der ältesten und bedeutendsten im gesamten Land und der Lamidou, der Fürst, regiert heute noch wie vor 100 Jahren mit seinen „Ministern“. Er spricht Recht, stiftet Ehen, regelt Scheidungen, entscheidet über Investitionen.

Wir machen uns mit einem MotoTaxi auf den Weg zu großen Moschee und kommen gerade rechtzeitig zum großen Freitagsgebet. Jeden Freitag versammeln sich die Gläubigen zum Gebet und anschließend zieht der Lamidou unter Gesang, Trommelwirbel und Trompetenbegleitung mit seinen Ministern in den gegenüberliegenden Palast ein. Dort versammelt sich die palavernde und gestikulierende Menge in einem Innenhof. Die wunderschönen, verschieden farbigen BouBou’s, wie man die weiten Umhänge der Männer nennt, regelrecht wallende Gewänder sind kunstvoll und reich bestickt.
 
Der Palast selbst ist, wie der in Idool, mit bunten Reliefverzierungen. In den privaten Bereich dürfen wir leider nicht und den Lamidou bekommen wir auch nur aus der Ferne zu sehen. Trotzdem ist es interessant zu beobachten und zu verfolgen, es ist fantastisch zu sehen, wie die Traditionen hochgehalten und gelebt werden.

Anschließend gehen wir weiter auf den alten Markt, den Basar. Wir kommen vorbei an Wahrsagern und Kräuterhändlern, vorbei an den Bart- und Haarschneidern. Mann (!) lässt sich hier die Maniküre und die Pediküre erledigen und anschließend auch gleich noch den Bart stutzen und die Haare schneiden. Alles passiert öffentlich und ungeniert, natürlich unter den besten hygienischen Verhältnissen.

Mit ganz neuen Eindrücken kommen wir zurück an den LKW. Zwischendurch ist auch mal wieder Haushalt und Wäsche waschen angesagt. Aber wir treffen auch ganz interessante Menschen, so auch Marcel, der aus Maroua stammt, einer größeren Stadt ganz im Norden, in der Region „Extreme Nord“ kommt. Und, wir schleichen uns in eine Hochzeitsgesellschaft in der Kirche.

Am nächsten Morgen kommen wir erst spät aus Ngaoundere weg. Hier das Brot, dort die Milch, das Gemüse dort, noch ein paar Zwiebel, Obst und noch Bier, ja und Tanken müssen wir auch noch. Wir „hüpfen“ wie die Hasen“ durch die Stadt, Reisen ist manchmal zeitaufwändig, es dauert halt bis man wieder mal alles zusammen hat.

Doch dann geht es auf dem Adamaoua Plateau weiter in Richtung Norden. Vorbei an den Siedlungen der hier lebenden Fulbe mit ihren großen Rinderherden. Die Tiere sind sehr gepflegt, Nahrung bekommen sie hier oben auf 1300m, wo das Klima ganzjährig sehr angenehm ist, genügend.

Plötzlich gibt ein Höhenzug den Blick frei hinunter in die Sahelzone und in den Westen auf eine zackige Bergkette, welche die Grenze zu Nigeria bildet. In steilen Kurven verlieren wir schnell an Höhe und das Thermometer klettert gleichzeitig nach oben. In der Ebene angekommen, reißt uns die miserable Straße aus den Gedanken. Marcel, der junge Vikar hat uns schon vor der Strecke, die voller tiefer Schlaglöcher ist, gewarnt.

Unter riesig großen Mangobäumen stehen kleine Lehmgehöfte, in der Mitte sind Brunnen, aus denen, mit an Seilen befestigten Eimern, das Wasser hochgezogen wird. Immer wieder gibt es kleine Moscheen, dazwischen weite Maisfelder. Wir befinden uns im Übergangsgebiet von der Feucht- auf die Trockensavanne und fahren gerade am ältesten Nationalpark Kameruns, dem Bénoué, entlang. In Kamerun gibt es keine funktionierende Parkverwaltung, der Nationalpark wird völlig vernachlässigt, Tiere Fehlanzeige. Diese sind längst schon der Wilderei und der Besiedlung zum Opfer gefallen, oder hoffentlich nur zurückgedrängt?
 
Die Durchfahrt des Bénoué bleibt uns verwehrt, die Pisten sind zugewachsen und daher mit dem LKW nicht möglich, schief hängt das Eingangsschild über einem verbeulten Schlagbaum, durch den schon seit ewiger Zeit keine Tour mehr gefahren ist. Wir dürfen im Ort vor dem Schlagbaum übernachten und setzen am nächsten Morgen unsere „Slalomfahrt um die tiefen Schlaglöcher“ in Richtung Norden fort.

Diese Straße ist die Hauptverbindung von Nord nach Süd, tausende LKW‘s frequentieren diese Route jeden Tag, es ist völlig unverständlich, warum die Straße stellenweise derart miserabel ist.
Lehmdörfer reihen sich aneinander wie Perlen auf einer Schnur. Hinter hohem Gras schauen oft nur die spitzen Strohdächer hervor. In dem kleinen Nest Gidjiba biegen wir dann doch nach Osten ab auf eine öffentliche Durchgangsstraße durch den Park.

Als wir unterwegs in einem kleinen Dorf essen gehen, fallen uns die anders aussehenden Menschen auf. Es sind hochgewachsene zierliche Menschen, sie tragen längere Zöpfchen und haben Muster aus Narben und Tätowierungen im Gesicht. Welchem Stamm sie angehören, können wir nicht sagen, es gibt einfach viel zu viele. Auch in dieser Gegend wird kaum noch Französisch gesprochen, die Einheimischen sprechen nur das Fulfulde oder eine andere Stammessprache.

Wir fahren weiter nach Tcholire, eine der wichtigsten Städte in diesem Verwaltungsbezirk, die Stadt ist ein wichtiger „Ableger“ zu dem Lamidat von Rey-Bouba, und soll einen schönen Fürstenhof haben. Allerdings treffen wir hier nur auf die Honoratioren, die gemütlich vor dem Palast im Schatten sitzen und palavern. Wir setzen uns dazu und „ratschen“ ein wenig. Der Babaa, wie der Chef hier genannt wird, ist zurzeit in Yaounde als Vorsitzender des Senats. Demzufolge können wir den Palast nicht besichtigen. Ja, die Sicherheitslage hier im Norden hat sich gebessert und wird mit viel Militärpräsenz gesichert, bestätigen sie uns. Erst gestern Nacht haben wir beobachtet, dass Busse auf dem Weg in den Norden mit bewaffneten Sicherheitspersonen begleitet werden. In dieser Gefahr geht es nicht um Touristen, die eigene Bevölkerung ist diesem Terror ausgesetzt.

Mit diesen Eindrücken machen wir uns weiter auf den Weg nach Rey-Bouba. Es ist eine schöne Gegend, alles wirkt so friedlich und aufgeräumt. Die Menschen sind ausgesprochen freundlich. Auf großen Feldern wird Baumwolle angepflanzt.

Auch in Rey-Bouba, einem der wichtigsten Lamidate in Kamerun, stehen wir vor verschlossener Tür, vor der wir von einem verantwortlichen Minister begrüßt werden. Wir erfahren, dass der Sultan in Yaounde ist, er leitet dort den Senatsvorsitz. Die Frauen und Kinder des Sultans sind alleine in dem Palast und daher ist keine Besichtigung möglich. Hilfsbereit und gastfreundlich bekommen wir einen zentralen Platz im Ort „zugewiesen“. Schnell hat sich herumgesprochen, dass Weiße im Ort sind und mit einem Schwarm Kinder im Schlepptau ziehen wir durch die Straßen des netten Ortes. Die Schmucknarben und Tätowierungen in den durchaus hübschen Gesichtern der Frauen sind für uns sehr gewöhnungsbedürftig. Stolz und mit einer unglaublichen Anmut tragen sie große, schöne verzierte Kalabassen-Schüsseln auf dem Kopf, darauf einen mit bunten Perlen verzierten geflochtenen Strohdeckel und darauf gleich noch eine Schüssel. Es ist so schön anzuschauen.

Es ist eine Schei..straße, die wir hier fahren, voller Schlaglöcher, Auswaschungen und sonstigen Unebenheiten, es ist mühsam und nervig, nur im Kriechtempo kommen wir voran. Wir sind im äußersten Westen des Landes, in völliger Abgeschiedenheit, fast an der Grenze zum Tschad. Unter den Herrschern von Rey-Bouba wurden alle Dörfer sehr friedlich vor allen westlichen Einflüssen geschützt. Erst seit 2006 (!) gibt es Schulen, ist Bildung überhaupt erlaubt, auch für Mädchen. Der neue junge Sultan lässt dies zu. Dennoch werden wir teilweise regelrecht angestarrt um dann doch mit Herzlichkeit und offenen Armen willkommen geheißen zu werden.

In der Nähe des Lac de Lagdo kurven wir leider ein wenig falsch, zum einen, weil das Navi die Straßen nicht hat, zum anderen, weil wir für eine Brücke am Ort Lagdo zu schwer sind. Wir müssen eine andere Route wählen. Diese führt uns vorbei an Mais- und Baumwollfeldern durch offene, leicht hügelige Savannenlandschaft. Die vielen weißen Wattebäuschen in der grünen Landschaft sind ganz witzig anzusehen. Die schmale einspurige Erdstraße ist gut zu fahren und so kommen wir ganz gut voran.

Von unserer Reiseagentur im Tschad erhalten wir die Information, dass unsere Anfrage, dort im Hof der Agentur schlafen zu dürfen, abgelehnt wurde. Angeblich hat die örtliche Sicherheitsbehörde dies wegen dem hohen Risiko abgelehnt. Dies hat zur Folge, dass wir unsere Anreisepläne ändern müssen.

Bei Guider sind wir zum ersten Mal in Kamerun auf einer Art „Gemeinde Campingplatz“. Das breite Flussbett des Loti besteht hier auf mehreren Quadratkilometern aus blaugrauen Granitfelsen, die sich zu einer fast 10m tiefen Schlucht verengen. Leider führt die Schlucht zu dieser Jahreszeit nur ganz wenig Wasser. Die Kommune hat einen Rastplatz mit Pavillons und Mülltonnen geschaffen und man hat so auch Ruhe vor allzu neugierigen Kindern. Die Menschen sind sehr nett und bemüht, die 1000 CFA’s p. P. Eintritt sind hier nicht zu viel.
 
Wir verbringen einen Relaxtag. Und am nächsten Morgen klettern wir durch die enge Schlucht, die durchaus sehenswert ist. Begleitet werden wir von zwei kleinen Jungs, die unsere Schuhe tragen. Als wir zurück am Auto noch fragen, wo wir unseren Müll entsorgen können, reißen uns acht Jugendliche die Tüten regelrecht aus der Hand. Schnell ist alles durchsucht und Verwertbares gefunden und sei es auch nur ein Milchkarton für den Bau eines neuen Spielzeugautos.

Kilometer für Kilometer bewegen wir uns im „Schlaglochslalom“ nordwärts weiter in die Sahelzone. Es wird zunehmend trockener doch die großen Rinder- und Ziegenherden der Fulbe finden anscheinend immer noch genügend Nahrung und Wasser. Wieder passieren wir kleine Lehmziegelgehöfte und beobachten Frauen mit schweren Wassereimern auf den Köpfen. Es gibt zwar an zentralen Orten Brunnen mit Handpumpen, doch in die Häuser muss das Wasser immer noch gebracht werden. Sehr häufig sind zu diesem Zweck auch Leiterwägen im Einsatz.

Hauptverkehrsteilnehmer sind die vielen Motoradtaxis, ob allein, zu zweit oder zu viert, oder auch nur mit Ware, diese Gefährte transportieren alles was festgezurrt werden kann. Die Sitzbank ist speziell verlängert damit umso mehr Platz hat. Platz ist in diesem Fall gleichbedeutend mit Geld. Die weiten BouBous, die weiten kunstvoll bestickten Überwürfe, die „Mann“ über dem einfachen weiten Kleid mit passender Hose trägt, dem Hamit, blähen sich im Fahrtwind.

Maroua ist eine trockene staubige Stadt und empfängt uns mit dem Fete de Coq, vielen Tänzern und guter Stimmung. Unser Ziel ist das „Relais Porte Mayo“, der hiesige Treffpunkt der Reisenden, das uns schon wegen gutem Essen angepriesen wurde.

Rainer, ein Deutscher, der seit mehr als 30 Jahren hier lebt und dem das Hotel gehört, kann aus seinem langen Erfahrungsschatz berichten. Er kennt die Gegend wie seine Westentasche und warnt uns davor, weiter in den Norden zu fahren. Die Touristen bleiben hier wegen der Boko Haram Anschläge und der allgemeinen Sicherheit seit langem aus, hierher kommen nur noch Geschäftsleute oder Jäger, für die er mit den Behörden Abschüsse organisiert. Und so erhalten wir die gute Gelegenheit drei Jäger aus Deutschland kennenzulernen. Bei gutem Essen und einigen Bierchen in dem schönen Innenhof des Hotels, erfahren wir viel über deren Passion und die Großwildjagd an sich. Leider befindet sich der Parkplatz direkt an einer Hauptverkehrsstraße, so dass wir hier nicht übernachten können bzw. wollen.
 
Wir fahren zu Marcel, dem jungen Vikar, den wir in Ngaoundere kennengelernt haben. Bei ihm kommen wir gut unter. Er freut sich riesig, dass er uns einen Gefallen tun kann. Und im Gegenzug kommen wir seinem Wunsch nach, eine Deutschklasse in einer Realschule zu besuchen. Die jungen Leute sind stolz die deutsche Sprache zu lernen und sind sehr neugierig zu erfahren, was wir über unser Land zu erzählen haben. Wir besuchen auch den Kunst- und Handwerkermarkt in Maroua. Die Stadt, mit ihren vielen schattigen Alleen mit alten Bäumen, hat ihren eigenen Charme. Wir sind mit Mototaxis unterwegs und fühlen uns absolut sicher. In Ruhe bereiten wir hier unsere Reise in den Tschad vor.

Nach einigen Tagen verabschieden wir uns von Marcel und machen uns weiter auf den Weg Richtung Osten. Bis wir alles erledigt haben und eine Kleinigkeit gegessen haben, ist es schon wieder 13.00 Uhr, bis wir uns endlich auf den Weg durch die vielen Schlaglöcher 40 Kilometer zurück bis zum Abzweig nach Yagoua, der Grenzstadt zum Tschad, machen können. Es ist heiß und trocken, das Thermometer zeigt 38 Grad. Die Fahrt bei offenem Fenster gibt einem eher das Gefühl hinter einem Föhn zu sitzen. Erfrischend ist anders.
    
Es ist Donnerstag und je weiter wir nach Osten kommen, merken wir den islamischen Einfluss. Für die Moslems ist heute Markttag. In vielen Orten sitzen Frauen und Männer an schattigen Plätzen, getrennt voneinander natürlich, und gehen ihren Geschäften nach oder palavern. So ein Markttag ist immer auch ein gesellschaftliches Erlebnis. Man (n und natürlich auch Frau) macht sich schön dafür. Die Sahel Region hier in Kamerun scheint sehr fruchtbar zu sein, wir passieren viele Mais- und Baumwollfelder, und immer wieder sehen wir große Rinderherden auf den Feldern weiden. Am Straßenrand wird die geerntete rote Hirse getrocknet. Doch Obst und Gemüse fehlen im Nahrungsangebot. In Maroua haben wir noch frische Mangos, Ananas und Äpfel erstanden.
 
Auch erstaunt sind wir über die Anzahl an großen, schönen, aus Stein gebauten Häusern. Lediglich rund um die Hauptstadt Yaoundé haben wir ähnliche Häuser gesehen. Vor den vielen kleinen Lehmgehöften stehen überdimensionale Lehmkrüge oder geflochtene Körbe, diese werden zum Aufbewahren der getrockneten Hirse oder Getreide verwendet. Viele der Menschen sind dunkel schwarz und ihre gepflegte Haut glänzt in der Nachmittagssonne.

In der kleinen Grenzstadt Yagoua erledigen wir noch ein paar Einkäufe bevor wir uns auf die von da auf die letzten acht Kilometer zum Fluss Logone machen, welcher die Grenze zum Tschad bildet. Gleich beim ersten Polizeicheck erfahren wir, dass die kleine Fähre über den Fluss nicht geht, seit einem Tag ist sie (wieder) defekt. Sie liegt wie angeschwemmt am Ufer, ein kleiner LKW steht drauf. Doch wir erfahren, dass es einen Weg den Fluss entlang, durch das Schwemmland des Flusses, gibt, und, dass das geht jetzt, es sei kein Problem, versichert man uns. Alles andere würde 500 Kilometer Umweg bedeuten. Die Ausreisestempel bekommen wir hier am Flussufer, doch zum Zoll für die Stempel auf die Carnets, müssen wir wieder zurück in die Stadt. Diesen Posten haben wir übersehen.

Wir riskieren den Weg entlang des Flusses in Richtung Süden, durch das Gebiet der hauptsächlich animistisch lebenden Toupouri, vorbei an vielen kleinen Dörfern. Die Menschen lachen und winken uns freudestrahlend zu. Es ist eine fantastische Gegend und wieder gänzlich anders als alles was wir bisher gesehen haben.

Die Straße ist zwar nicht wirklich als solche zu bezeichnen, ist es am Anfang noch eine gute Schotterstraße, so werden es im weiteren Verlauf dann mehr und mehr eher Feldwege oder Trampelpfade, die sich immer wieder kreuzen. Etwa auf halber Strecke geraten wir an einen Militärkontrollposten.
 
Man will uns nicht weiterfahren lassen. Es sei viel zu gefährlich in dieser Gegend, eine Brücke, die Sicherheit, Weiße müssen hier eskortiert werden usw. Es werden viele Gründe genannt, warum wir hier nicht sein sollten. Ein typisch afrikanisches Diskutieren und Erklären beginnt. Man braucht Geduld. Die Soldaten telefonieren, andere Strecken werden vorgeschlagen. Nach langer Zeit und langem hin und her schickt man zwei Soldaten bewaffnet mit 2 Gewehren auf einem Moped zu unserem Schutz mit uns mit.

Der Weg wird immer enger, die Dörfer immer kleiner, allmählich wird es auch dunkel, und die beiden müssen ja auch wieder zurück. An einer kleinen Polizeistation fragen wir, bzw. die Soldaten, nochmals nach, wie es sich mit der weiteren Strecke verhält. Es sei unmöglich zu passieren, im Schwemmgebiet gibt es zu viel Wasser, es ist unpassierbar. Wir wollen es sehen. Das Moped nimmt einen dritten Mann auf. Auf den Trampelpfaden bemühen wir uns redlich dem Moped zu folgen. In Karama, einem Dorfverbund, fragen wir erneut beim Chef de Village. Dieser wirkt ob der Frage leicht irritiert. Da ist kein Wasser mehr. Alles ist gut und trocken und zu passieren, kein Problem. Na also! Es dämmert, die drei 3 Männer müssen wieder zurück. Wir übernachten hier im Dorf, um am nächsten Morgen weiter zu fahren. Aber nicht bevor wir die Chefferie besichtigt haben. Im Vergleich zu den großen Fürstenhöfen in Rey-Bouba oder Idool ist diese sehr einfach, gänzlich glanzlos und unverziert.

Der Weg, oder das was wir dafür halten, führt weiter am Fluss entlang und wird noch enger teilweise sehen wir nicht mal mehr eine Spur in dem hohen Gras.

Unseren Weg, bzw. das Ziel verfolgen wir auf unserer Navigation, irgendwann taucht dort die schwarze Linie, die Grenze auf. Laut Navi sind wir im Tschad. An der Strecke, am Umfeld ändert sich nichts, ein paar Gehöfte tauchen auf. Die rettende Straße taucht auf. Wir freuen uns, endlich wieder sicheren Boden unter den Rädern zu haben.

Wir haben es geschafft, wir sind im Tschad – auch wenn wir noch keine offizielle Grenzabfertigung hinter uns haben.

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